Die bedrohliche Auswahl

Eglisau ist bekanntlich mit Einkaufsläden an der Peripherie gesegnet und muss deshalb schauen, dass es die wenigen kleinen Läden im Städtli nicht verliert.

Denn Coop und Migros haben trotz Widerständen ihre Standorte gewechselt und stehen jetzt dicht vereint.

Das ergibt weder Synergien noch sonstige Vorteile.

Aber spassige Begebenheiten und Erkenntnisse.

So treffe ich ein älteres Paar im Coop vor dem Gestell mit den verschiedensten Formen von abgepacktem Teig.

Die Frau schimpft hörbar über die sinnlos grosse Auswahl, in der sie sich nicht zurecht zu finden scheint, und ihr Mann steht teilnahmslos – unter seiner Mütze leicht geduckt – daneben und schweigt.

Das nimmt sie ihm nun zunehmend übel, stupst ihn und zetert:“ Du bist mir aber auch gar keine Hilfe, stehst da, wie zuhause, machst nichts und sagst nichts. Warum habe ich Dich überhaupt mitgenommen?“

Er meint: „Mach, was Du willst, wie immer, und lass mich in Ruhe.“

„Welchen Teig soll ich nehmen? Es ist alles so klein geschrieben, und ich habe die Brille vergessen?“

Jetzt hat mich der Mann entdeckt, und bereitwillig macht er mir Platz.

Und nun kommt mein Part. Mit der Lesebrille bewaffnet lese ich vor: „Pizza – Blätter- Kuchen- Flammkuchen- oder Mürbeteig, rustico oder hell, rund oder eckig, doppelt oder einfach, bio oder glutenfrei.“

Und halte jeweils die entsprechenden Pakete in die Luft.

Die Frau fragt nach den Preisen und der Mann findet seine Sprache wieder und doppelt nach: „Und dann kommt noch das Benzin dazu.“

Das scheint ein heikler Punkt zu sein, denn nun schreit die Frau bedrohlich laut:“ Jetzt gehe ich heim und mache den Teig selbst“ und der Mann verstummt.

Für mich die Gelegenheit, das brummende Paar wieder allein zu lassen und mich meinem Einkaufsproblem zu widmen.

Ich suche nämlich neue Led Lämpchen Stifte und habe die leere Packung mitgenommen, werde jedoch nicht fündig.

Gäbe es doch irgendwo eine Menschenseele, die Bescheid wüsste.

Doch die Kassierin kann es nicht sein, sie verschwindet hinter der Schlange von Wartenden.

Also noch etwas Katzenfutter. Doch wer um Himmels willen soll das alles kaufen und fressen: Dosen, Säckchen, Päckchen, Fleisch in Sauce oder Terrine, Würstchen und Trockenfutter. Für die Junioren bis zu den Senioren 7 plus?

Wieder muss ich die Brille nehmen.

Draussen treffe ich das mürrische Paar ohne Einkäufe. Sie steigen in einen älteren Fiat-Panda, und ich höre sie noch lästern: „Was soll ich jetzt mit dieser Scheibe (CD) der Schwizer Goofe, welche mir die junge Frau gegeben hat, weil sie schon drei hat?“

„Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul,“ meint ihr Mann.

Ich bin mir da plötzlich nicht mehr so sicher.

Warum diese Auswahl an Möglichkeiten, wenn sie uns eher erdrückt als beglückt?

Machen Geschenke in mehrfacher Ausführung dies wieder wett?

Warum fehlt das wichtigste in den Einkaufszentren wie etwa in Bachenbülach: Beratung?

Ist das Absicht? Oder Unvermögen?

Fühle ich mich deshalb nur noch in kleinen Läden wohl?

Und was mache ich und Gleichgesinnte, wenn es nur noch Grosse gibt?

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